Ich habe mich 3 Wochen um das Thema Streik drum herum gedrückt und ich will jetzt auch gar nicht auf der Deutschen Bahn herumhaken – oder auf der GDL. Gestreikt wird heutzutage der Reihe nach: gestern noch waren es die Piloten, heute ist es die Bahn, morgen sind es vielleicht wieder die Ärzte oder Krankenschwestern und zu Weihnachten werden es bestimmt wieder die ausgebeuteten Orderpicker bei amazon sein. Die Liste ist endlos und ohne Ende und es geht immer reihum. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, kurz Verdi, hat es allen anderen Gewerkschaften vorgemacht. Ist eine Dienstleistungsbranche ausgestreikt, mobilisiert man auch schon die nächste. Die Italiener haben die Mafia, wir Deutschen haben Verdi. In meinen Augen sind Streiks nichts anderes als Erpressung. Firmen sollten die Möglichkeit haben Streikende fristlos zu entlassen. Jemand der streikt ist entweder unobjektiv oder durch und durch egoistisch — oder einfach nur faul, weil er nur die Möglichkeit zu ein paar zusätzlichen freien Tagen nutzt. Diese Leute haben einen Arbeitsvertrag unterschrieben, in dem sowie Arbeitsbedingungen als auch das Gehalt aufgeführt sind. Wenn ihnen das Angebot nicht zusagte, hätten sie den Vertrag eben nicht unterschreiben sollen! Streiks vermitteln gerade den jüngeren Generation nur eins: wenn dir was nicht passt, brauchst du dich nur trotzig verhalten und die Sache einfach aussitzen! Was Streiks nicht vermitteln ist, wie man ein Gefühl für Verantwortung entwickelt! Was ist mit all den zahllosen OPs, auf die Menschen sich psychisch vorbereiteten, und die dann kurzerhand abgesagt werden, weil die Gewerkschaft das Krankenhauspersonal mal wieder zum Streik aufruft. Vielleicht sollte man stattdessen mal lieber die Gewerkschaften selbst bestreiken — Menschen mit Verantwortungsbewusstsein und Objektivität sollte dies einleuchten. Immer wenn eine Branche streikt, leidet der Rest der Bevölkerung darunter.
Natürlich gibt es Missstände in Deutschland, aber sicherlich nicht was die deutschen Löhne und Gehälter angeht. Wer das denkt, der sollte nach Polen oder Litauen ziehen. Und zudem — wer denkt, dass er nicht genug Geld verdient, der kann sich ja jederzeit einen besserbezahlten Job suchen! Immerhin haben wir einen Fachkräftemangel in Deutschland und Fachkräfte werden für gewöhnlich auch sehr gut bezahlt. Die Betonung liegt natürlich auf Fachkraft und für einen Top-Job muss man natürlich auch bereit sein, Leistung zu erbringen und Verantwortung zu übernehmen. Jemand der seine Arbeitszeit nur absitzt oder auch einfach nicht über irgendwelche Fachkenntnisse verfügt und als ungelernte Kraft bloß eine ihm zu zumutbare Arbeit verrichtet, kann nicht erwarten, dass er dafür auch noch ein Topgehalt erhält. So wundert mich auch die Karstadt pleite nicht. Von allen Kaufhäusern war oder ist das Karstadt-Personal mit Abstand das unfreundlichste, gelangweilteste und am wenigsten hilfsbereiteste oder qualifizierteste. Jedenfalls was die Karstadt-Filialen angeht, die ich kenne oder kannte. Ich finde, man sollte von einer Verkäuferin in der Strümpfe-Abteilung erwarten können, dass sie ihr Sortiment kennt — selbst wenn sie keine Fachverkäuferin ist. Dies hat eher etwas mit dem persönlichen Interesse am Job zu tun! Aber wer hat denn überhaupt noch ein persönliches Interesse an seinem Job? Ausnahmen bestätigen jedoch wie immer die Regeln und das sind dann auch immer die, die von den anderen Kollegen gemobbt werden.
Ich würde verstehen, wenn zum Beispiel Arzt- oder Krankenhauspersonal streiken würde, um auf die Missstände in der Patientenversorgung hinzuweisen. Streiks für mehr Gehalt ändern nichts an der Personalüberforderung oder schlechten Arbeitsbedingungen, was zum Beispiel die Bereitschaftsdienste angeht. Dies wäre nur durch zusätzliche Personaleinstellungen zu regeln – also warum nicht dafür auf die Straße gehen? Und was sind letztendlich schon 5 oder 6 % mehr Gehalt? So gesehen sind das doch auch nur Peanuts! Jemand der mit seinem Geld nicht auskommt, der wird auch dann nicht auskommen wenn er 100 Euro im Monat mehr verdient. Und vor allen Dingen wird sich dadurch auch seine Arbeitsmoral nicht verbessern, wobei die sich die heutzutage bei den meisten selbst dann nicht verbessern würde, wenn sie 5000 Euro im Monat mehr bekämen. Wer geht denn heutzutage noch gerne zur Arbeit? Wenn überhaupt nur der, der erstens Spaß an seiner Arbeit hat und obendrein auch das Gefühl hat eine entsprechend gute Bezahlung zu erhalten. Und das sind in der Regel die wirklichen Fachkräfte, die, die neben einer guten Ausbildung/Studium und guten (Arbeits)Zeugnissen auch das Gefühl für ein Unternehmen haben und die moralische Einstellung/Verantwortung und Motivation mitbringen, dass ein Chef für ein bezahltes Gehalt auch Leistung erwarten kann — und nicht nur ein Minimum an Arbeitseinsatz. Leider entspricht letzteres jedoch eher der breiten Meinung oder Einstellung von Arbeitnehmern.
Ich als Freiberuflerin kann dafür kein Verständnis aufbringen. Wenn ich nicht genug verdiene kann ich nicht streiken. Ich kann nur in den Spiegel gucken und überlegen was ich selbst tun kann, um meine Situation zu verbessern. Entweder ich muss meine Lebenshaltungskosten reduzieren oder härter und/oder mehr arbeiten. So ist das bei vielen Freiberuflern und einem großen Anteil von selbstständigen Mittelständlern! Wir haben kein Recht auf Arbeitslosengeld oder Rente und bezahlen dennoch für alle Versicherungen immer den Hauptpreis. Zum Beispiel kostet eine einfache Krankenversicherung für Selbstständige, bzw. Freiberufler, ca. 300 Euro im Monat und das auch nur, wenn die Selbstbeteiligung mindestens 3000 Euro beträgt! Und wenn ein Selbständiger/Freiberufler Urlaub machen möchte verdient er oftmals nichts in dieser Zeit, geschweige denn, dass er Urlaubs- oder Weihnachtsgeld bekommen würde. Ähnlich ist es natürlich auch im Krankheitsfalle. Genaugenommen kann ein Kleinunternehmer/Selbstständiger/Freiberufler sich gar nicht erlauben krank zu werden, entsprechend niedrig ist auch die entsprechende Statistik!
Und von einer eine 40zig Stunden Woche — oh, ich vergaß, mittlerweile beträgt die durchschnittliche Arbeitszeit bei Arbeitnehmern, pro Woche, ja nur noch 37.5 Stunden — na, jedenfalls können die meisten Selbständigen auch davon nur träumen. Zugegeben, natürlich gibt es auch hier Ausnahmen und viele Selbstständige oder Freiberufler haben ihre Schäfchen schon im Trocknen — jedenfalls in meinem Alter. Ich zum Beispiel arbeite mindesten 80 Stunden in der Woche, ebenso mein Lebensgefährte, der ebenfalls selbstständig ist. Meinen Stundenlohn rechne ich prinzipiell nicht aus, denn der ist nicht nur unter Tarif sondern unter aller Sau. Trotzdem würde ich nicht tauschen wollen und genau genommen habe ich mir das ja auch selbst so ausgesucht. Natürlich könnte ich mehr Rückführungen machen, immerhin bekomme ich dafür 350 Euro, aber mein Herz hängt an der Schreiberei und zudem habe ich auch noch einen kleinen Nebenjob den ich gerne in der Firma meines Lebensgefährten erledige. Ich mache es gerne und deshalb sind die 80 Stunden, oder mehr, auch OK. Ich weiß auch, dass ich wohl arbeiten werden muss bis dass ich tot umfalle — jedenfalls, wenn ich meinen Lebensstandard einigermaßen halten möchte. Aber ehrlich gesagt, ist auch das OK, obwohl ich mir schon wünsche, dass ich (oder wir, meinen Lebensgefährten mit eingeschlossen) in einigen Jahren doch ein wenig mehr Urlaubstage nehmen könnten, um ein wenig mehr zu verreisen. Zurzeit haben wir nur 10 Tage pro Jahr am Stück, die wir uns zusammen frei nehmen können, doch ich weiß, dass viele Selbstständige sich gar nicht erlauben können länger wie einen Tag frei zu nehmen.
Vor ein paar Wochen war ich tanken. In der Tankstelle war nichts los und ich suchte noch eine Zeitung. Weil ich die aber nicht finden konnte, fragte ich das Mädchen an der Kasse. Die zuckte die Schultert und meinte schnippisch, woher sie denn wissen solle wo die entsprechende Zeitung läge. Nun, immerhin arbeite sie ja hier, antwortete ich. Das Mädchen zuckte bloß die Schulter, verdrehte dabei die Augen und wollte wissen, ob ich nicht endlich bezahlen wolle. Freundlichkeit kostet nichts, erwiderte ich, woraufhin mich das Mädchen anschnauzte, dass sie hier für 400 Euro jobbe müsse, immerhin sei sie Studentin – da könne man nicht auch noch von ihr erwarten freundlich zu sein. Doch, ich finde das kann man erwarten und auch, dass die Dame sich mit der Produktpalette im Shop auseinandersetzt und auch, dass wenn bspw. die Tür aufgeht und dabei Blätter mithineinwehen die Dame sich einen Besen packt. Egal, ob ihre Jobumschreibung nun auf Kassiererin lautet oder auf was auch immer. Aber dass ein Angestellter auch Interesse am Job zeigt ist eben in den meisten Fällen schon zu viel verlangt. Ich jedenfalls könnte das nicht; einfach auf meinem Hintern sitzen, darauf warten, dass die Zeit verstreicht und dafür auch noch Lohn kassieren. Aber wahrscheinlich habe ich mich auch genau aus diesem Grund schon im Alter von 20 Jahren selbständig gemacht.
Vielleicht ist es ja wirklich mal wieder an der Zeit, dass wir alle mal wieder so richtig einen auf die Nase bekommen, damit wir danach wieder wissen, wie gut es uns geht.
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